Nicht nur während des Bamberger Literaturfestivals, sondern an jedem Tag im Jahr dreht sich in den kleinen und größeren Büchereien in Bamberg Stadt und Land alles um das Lesen. Ein Gespräch mit Melanie Dirauf, die als Leiterin der Diözesanstelle Bamberg den Landkreis-Büchereien im St. Michaelsbund beratend zur Seite steht und zudem mit ihrem Team jedes Jahr das Kinderbuch-Programm der Literaturfestival wuppt.
Die kleinste Bücherei, die Melanie Dirauf betreut, liegt an der östlichen Landkreisgrenze in Königsfeld – in einem etwa 30 qm großen Raum. Insgesamt unterstützt sie für die Diözesanstelle Bamberg 36 Mitgliedsbüchereien des Katholischen Medienhauses St. Michaelsbund, darunter auch Einrichtungen, die unter evangelischer Leitung öffnen. Für das Leseangebot und die Nutzungsmöglichkeiten der Büchereien spielen jedoch weder die Konfession noch das Parteibuch der kooperierenden Bürgermeister eine Rolle, betont Melanie Dirauf. „Die Fähigkeit, lesen zu können, ist nach wie vor die wichtigste Kulturtechnik. Unsere Büchereien sind niederschwellige Einrichtungen und bieten sich als neutrale Orte für die Sprache an.“ Über den gleichberechtigten Zugang zum örtlichen Medienangebot entstehe laut der Diplom- Bibliothekarin eine Chancengleichheit – auch für Kinder und Familien, die sich keine Bücher kaufen können oder noch Probleme mit der deutschen Sprache haben. „Wer sagt, ‚Ich geh in die Bücherei‘ zeigt damit sein Interesse an Bildung, ohne dass eine Stigmatisierung stattfindet, wie sie z. B. beim Besuch eines Sprachkurses entstehen kann“, erläutert die 49-Jährige.
»Büchereien sind heute viel mehr als reine Ausleihstellen«
Dipl. Bibliothekarin Melanie Dirauf,
Leiterin des St. Michaelsbunds Bamberg
Hinzu kommt die steigende Bedeutung der örtlichen Büchereien als soziale Treffpunkte. Melanie Dirauf: „Die Büchereiteams achten darauf, dass sich jeder dort wohl fühlt und gerne verweilt. So erleben auch die Kinder, dass Büchereien Orte sind, wohin man gerne geht und wo Lesen keine Pflicht ist, sondern sogar Spaß machen kann.“ Mit der höheren Wertschätzung des Leseangebots steigen jedoch auch die Aufgaben für die meist ehrenamtlichen Mitarbeiter. „Veranstaltungen wie ein Bilderbuchkino, Erzähltheater oder Autorenlesungen für Kinder und Jugendliche sind das ganze Jahr über im Angebot“, berichtet die Diplom-Bibliothekarin. Zur aktiven Leseförderung gehört bei allen Büchereien außerdem seit vielen Jahren die Kooperation mit Schulen und Kindergärten, z. B. mit Aktionen wie Bibfit – ein spielerisches Programm für Vorschulkinder. Viele der örtlichen Büchereien fungieren gleichzeitig als Schulbibliothek für die Grundschulkinder. „Jedes Kind sollte im Rahmen des Schulbesuchs die Möglichkeit haben, eine Bücherei kennen zu lernen“, fordert Melanie Dirauf ein. Gleichzeitig ist ihr bewusst, dass die zunehmenden Aufgaben und Projekte kaum noch ehrenamtlich zu schultern sind: „Die Ehrenamtlichen vor Ort leisten einen unbeschreiblich wertvollen Beitrag in ihrer Gemeinde. Dies sehen auch viele Bürgermeister im Landkreis.“ Zumal überall dort, wo die Büchereien nicht nur ein breites Medienangebot bereitstellen, sondern auch Raum für Begegnung bieten, sich diese wie von selbst zu lebendigen Mehrgenerationentreffs entwickeln.
Auch deshalb investieren die Gemeinden für die Aufwertung des örtlichen Bildungsangebots zunehmend in die Gebäude: Immer mehr Räumlichkeiten der ersten Stunde werden durch klug konzipierte Um- oder sogar Neubauten abgelöst, die den kulturellen Mehrwert der Büchereien auch baulich abbilden. So konnten in den vergangenen zehn Jahren die Büchereien in Baunach, Frensdorf, Litzendorf, Oberhaid, Schlüsselfeld, Stegaurach und Zapfendorf in neue, große und attraktive Häuser ziehen. Noch in diesem Frühjahr soll die neue Bücherei in Gundelsheim eingeweiht werden, berichtet Melanie Dirauf. „Derzeit hat der dortige Bürgermeister Jonas Merzbacher das Büchereiangebot noch ins Rathaus integriert und dafür sogar seinen Sitzungssaal geräumt. Die Bereitstellung eines grundsanierten Gebäudes mit rund 300 qm Fläche mitten im Gundelsheimer Ortskern bedeutet für uns und die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit“, freut sich die Diözesanstellen-Leiterin. Melanie Dirauf: „Nur mit dem Engagement der zahlreichen Haupt- und Ehrenamtlichen können wir dafür sorgen, dass das Lesen und die Bücher weiterhin eine selbstverständliche Position in unserer Gesellschaft haben.“
Kerstin Bönisch