„Teddybär, Teddybär dreh dich um…“

Familienleben
©antonia vogel

 „Teddybär, Teddybär dreh dich um…“

Alte Straßenspiele neu entdeckt – Teil 2: Seilspringen und Murmelspiele

Auf unseren ersten Beitrag zu den Straßenspielen aus der Zeit, als wir Eltern noch Kinder waren, haben wir in der Bambolino-Redaktion eine so schöne Resonanz erhalten, dass wir die Reihe nicht wie geplant mit diesem zweiten Teil abschließen, sondern auch im Herbst noch fortsetzen möchten. Offenbar haben viele Eltern noch schöne Erinnerungen an ihre alten Spiele abgespeichert und möchten diese gerne wieder mit den eigenen Kindern aufleben lassen.

Anders als bei vielen gekauften Spielen, die durch ihre Beschaffenheit oder feste Regeln enge Grenzen setzen, können die Kinder bei den genannten „alten“ Spielen viel mitgestalten und sich selbst eigene Varianten ausdenken. Das fördert ihre Kreativität und Experimentierfreude, und so wird es auch nicht langweilig. Hinzu kommt, dass es ein preiswerter Spaß ist: Fürs Kästchenhüpfen wird lediglich ein Stück Kreide benötigt. Ein Zwölferpack einfache weiße Tafelkreide kostet unter zwei Euro (wobei viele sicher welche zuhause haben). Auch Murmeln sind nicht teuer. Die gängigen kleinen Glasmurmeln kosten im Spielwarengeschäft meist zehn Cent, die größten, die man dort bekommt, etwa einen Euro. Viele Murmelspiele lassen sich auch mit überflüssig gewordenen Knöpfen oder mit Steinchen spielen, die kosten gar nichts. Vier Meter einfaches Gummiband kosten im Kurzwarenbedarf zwischen zwei und vier Euro. Ein klein wenig teurer ist ein großes Sprungseil, das man als Meterware z.B. im Baumarkt erhält. Bei ausreichender Stärke und entsprechendem Gewicht beginnt der Preis bei ca. 1,50 € je Meter. Etwa fünf bis sechs Meter sind für den richtigen Schwung nötig. Natürlich kann man auch (deutlich teurer) im Spielwarenbedarf Schwungseile mit Griffen und Drehwirbeln an den Enden kaufen.

Das große Sprungseil

Die Melodie des alten Teddybär-Kinderliedes habe ich immer noch im Ohr und sehe mich im Grundschulalter mit meinen Freundinnen auf dem großen Parkplatz unserer Siedlung über das große schwingende Seil hüpfen. Egal, ob dazu das Teddybär-Lied gesungen wird oder „Die Uhr schlägt 1“ – hierbei sind Sportlichkeit, Ausdauer und eine gute Koordination erforderlich.

Schon das Hineinhüpfen in das von zwei Mitspielern im Gleichtakt geschwungene Seil ist gar nicht so einfach! Manchmal muss man einige Schwünge abwarten, um sich auf den Rhythmus einzustellen. Einmal drin, springt man entweder jedes Mal einmal kräftig hoch, wenn das Seil nahe am Boden schwingt oder legt einen lockeren Zwischenhopser ein, wenn das Seil über einen hinweg schwingt. Möglichst viele Sprünge zusammen zu bekommen, ohne sich im Seil zu verheddern, ist noch eine der leichteren Übungen. Schwieriger wird es, wenn während des Springens verschiedene Figuren ausgeführt werden müssen.

Teddybär, Teddybär dreh dich um, (Springer dreht sich um)

Teddybär Teddybär, mach dich krumm, (Springer beugt sich nach vorne)

Teddybär, Teddybär, bau ein Haus, (Springer faltete die Hände über dem Kopf)

Teddybär, Teddybär, du bist raus! (Springer läuft aus dem Seil raus)

Den Kindern gefallen an diesem Spiel die sportlichen Aspekte – sich zu bewegen einerseits, sich mit anderen zu messen andererseits.

Murmelspiele

In meiner Kindheit nannten wir das Spielen mit Murmeln auch „Klickern“. Für manche Varianten benutzten wir Knöpfe aus Omas Nähkästchen oder einfach Kieselsteine. Aber am liebsten waren mir natürlich die glänzenden Glasmurmeln, von denen die schönsten sorgsam als Schatz gehütet und keinesfalls zum Spiel oder Tauschen mit auf die Straße genommen wurden. Beim Murmelspielen ziehen wir mit einem Stöckchen einen Kreis in den Sand oder buddeln eine flache Kuhle, in deren Mitte wir eine größere Murmel legen. Nun sollen die Kinder versuchen, die eigene Murmel mit einem Fingerschnippen möglichst nah an die große heran zu bugsieren – die wohl einfachste aller Murmelspielarten. Eine gängige Technik ist jene, die Murmel auf dem angewinkelten Zeigefinger abzulegen und dann mit dem Daumen weg zu schnippen (man spricht auch vom Daumenschuss). Beim Gelenkwurf wird die Murmel locker aus dem Handgelenk zum Ziel geworfen. Man kann eine auf dem Boden liegende Murmel auch mit Zeige- oder Mittelfinger leicht oder fest (je nach Entfernung) schnippen. Beim sogenannten „Tuppen“ drückt man etwas schräg von hinten oben mit einem der kräftigeren Finger auf die am Boden liegende Murmel, bis sie nach vorne wegrutscht und mit einem Drall losrollt.  Es gibt zahlreiche Varianten des Murmelspiels, wie z.B. den Murmelpott, das Wandmurmeln oder das Dotzen.

Murmelgolf

Es wird ein kleines Loch (etwas größer als die Murmeln) gegraben. Aus etwa drei Metern versuchen die Mitspieler nacheinander, je eine Murmel hinein zu werfen. Sofern niemand trifft bleiben die Murmeln der aktuellen Runde liegen. In der nächsten Runde, dürfen die Spieler versuchen, ihre Murmel näher an das Loch heran zu schnippen oder sie zu einzulochen. Es beginnt der Spieler, dessen Murmel am dichtesten am Loch liegt u.s.w. mit größer werdendem Abstand. Das erste Kind, dessen Murmel im Loch landet, darf versuchen, die Murmeln, die noch auf der Fläche liegen ebenfalls hinein zu schnippen (ein Versuch je Murmel). Es erhält alle Bohnen, die danach im Loch liegen. Danach darf das Kind, dessen Murmel dem Loch am nächsten liegt, weitermachen wie zuvor, bis schließlich alle Murmeln im Loch gelandet sind. Gewonnen hat, wer danach die meisten Murmeln hat.‘

Fünferloch/Murmelpott

Auf einem Spielfeld werden fünf etwa faustgroße Mulden (angeordnet wie die fünf Augen eines Spielwürfels) in den Boden gegraben. Die Spieler vereinbaren einen Einsatz, den jeder in die Mulden legt (z.B. eine oder zwei Murmeln, der Einsatz kann je Mulde/„Pott“ gleich oder verschieden sein). Nun versucht jeder mit seinen Murmeln in eines der Löcher zu treffen. Wer trifft erhält alle Murmeln, die sich in der betreffenden Mulde, dem „Pott“ befinden. Landet eine Murmel in einem leeren Loch, bleibt sie dort als Einsatz liegen. Trifft ein Spieler ganz daneben, wird die Murmel als Einsatz in das ihr am nächsten liegende Loch gelegt.

Grubenmurmeln

Jeder Spieler gräbt in festgelegter Entfernung zu einer Wurflinie eine „Grube“, die es mit einer seiner eigenen Murmeln markiert. Die Gruben sollten ca. 15 Zentimeter weit auseinander liegen Von der Wurflinie aus versuchen nun alle Mitspieler eine festgelegte Anzahl Murmeln (z.B. je acht) in die eigene Gruppe zu werfen, zu schnippen oder zu rollen. Alle Murmeln, die in einer fremden Grube landen, gehören dem Besitzer dieser Grube.

Dotzen

Alle Spieler knien (oder stehen) hinter einer Line. Der erste wirft oder schnippt seine Murmel ein Stück weit weg. Die folgenden Spieler versuchen, diese Murmel zu treffen. Trifft ein Spieler eine bereits liegende Murmel gehört ihm diese und er darf die und die Murmel mit der er den Treffer gelandet hat einsammeln. Wird nicht getroffen, bleibt die Murmel liegen.

Gewonnen hat, wer nach einer festgelegten Zeit, oder wenn schließlich keine Murmel mehr auf dem Spielfeld liegt, die meisten Murmeln besitzt.

Wandmurmeln/Rückprall

Die Spieler versuchen aus einer festgelegten Entfernung(z. B. etwa zwei Metern) ihre Murmeln, Steinchen, Kastanien oder Knöpfe so nah wie möglich an eine Wand zu werfen, zu rollen oder zu schnippen. In einer Variante darf dabei die Wand auf gar keinen Fall getroffen berührt werden, oder aber die Wand muss sogar für einen „Rückprall“ getroffen werden (dann zählen nur die Murmeln, die zunächst die Wand berührt haben, ehe sie davor zum Liegen kommen). Sieger ist, wessen Murmel nach einem „korrekten“ Wurf (also mit oder ohne Rückprall) am dichtesten an der Wand liegt. Er erhält die Murmeln der anderen Spieler.

Anschlagen

Eine Variante des Wandmurmelspiels und von den Regeln her dem Dotzen ähnlich ist das Anschlagen. Es wird häufig mit Knöpfen gespielt. Hierbei wird gegen die Wand geworfen, von der die Murmel oder der Knopf abprallen. Bleibt die Murmel oder der Knopf näher als eine Handbreit neben der/dem eines anderen Spielers liegen, darf der Werfer die eigene Murmel / den eigenen Knopf und die/den des Mitspielers einsammeln. Alle Murmeln/Knöpfe, die mehr als eine Handbreit von allen anderen entfernt landen, bleiben zunächst liegen. Wenn jeder Spieler dreimal geworfen hat, werden alle Murmeln/Knöpfe, die noch „frei“ sind wieder eingesammelt und es beginnt eine neue Runde. Hat das erste Kind zu Beginn einer neuen Runde keine Murmeln/Knöpfe mehr ist das Spiel vorbei. Gewonnen hat, wer dann die meisten Murmeln/Knöpfe hat.

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