Beim Übertritt hört der Spaß auf

Beim Übertritt hört der Spaß auf

Ein Gespräch mit Grundschul-Pädagogin Silvia Treuner von der Martinschule darüber, wie viel Spiel-Zeit Kindern neben dem Lernpensum und Leistungsdruck noch bleibt.

Mit Ende der 4. Klasse sollen die Kinder das Wissen und die Reife für den Übertritt auf die nächste Schulform beherrschen. Haben Lehrkräfte dabei überhaupt noch Zeit und Gelegenheit für spielerische Aspekte im Unterricht?

Im  Sportunterricht werden zahlreiche Spielformen eingesetzt, die die Kinder in Partner- und Gruppenarbeit gemeinsam agieren lassen. Im Englischunterricht der 3.und 4. Klasse bieten Sprachspiele den Schülern  authentische Redeanlässe und ermöglichen ihnen echte Kommunikationssituationen. Das Konzept der „Bewegten Schule“ bietet zudem zahlreiche Bewegungsanlässe. In den Kernfächern ist dagegen in der vierten Klasse die Zeit für spielerische Aspekte  stark eingeschränkt, bedingt durch die  Vielzahl der vorgeschriebenen angekündigten Proben und durch die Stofffülle. Doch auch dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Kinder zwischendurch Bewegungspausen brauchen. Zu einer guten Vorbereitung auf die Zukunft gehört eben nicht nur fachliches Wissen, sondern auch der Erwerb von sozialen Kompetenzen und Qualifikationen. Spiele helfen uns dabei und sind eine wertvolle Ergänzung unserer Unterrichtsmethoden. Wichtig bei der Auswahl einer Spielform ist daher die Effektivität und die Zielvorgabe.

Mit der Schule beginnt für ein Kind auch die Bewertung seiner Leistungen und das Vergleichen mit dem Rest der Klasse. Kann man diese oft auch bittere Erfahrung überhaupt spielerisch auffangen oder ausgleichen?

In der Tat können die Leistungsbewertung und das Vergleichen mit den Mitschülern für einige Kinder bittere Erfahrungen sein, zudem weil von zu Hause oft hohe Erwartungen an sie gestellt werden. Der Einsatz von Spielen und spielerischen Lernformen wirkt sich positiv auf die Motivation und auf den Lernprozess aus und berücksichtigt den Bewegungsdrang der Grundschulkinder. Wenn ein Kind jedoch Versagens-Ängste hat, behält es den Stoff schlechter und vergisst diesen schneller wieder. Dann gelingt es nicht, diese spielerisch aufzufangen. Wichtig sind Lob und tröstende Worte, wenn eine Arbeit danebengegangen ist. Kinder benötigen ein stabiles soziales Umfeld, ein gesundes Selbstbewusstsein und ausreichend Freizeit, um mit diesen Anforderungen zurechtzukommen.

Hobbys wie Sport, Musikunterricht oder Theater spielen sind einerseits ein wichtiger Ausgleich zur Schule andererseits schränken die nötigen Termine die freie Zeit von Kindern noch mehr ein. Wie viel ungeplante Zeit brauchen Grundschulkinder, und warum ist das so wichtig?

Hobbys wie Sport, Musik, Theater dienen der Erholung und fördern das Selbstbewusstsein. Darüber hinaus bieten außerschulische Sport- und Musikgruppen die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln, die motorischen Leistungen auszubauen, Koordination, Disziplin und Teamgeist zu festigen.  Zudem verkürzen sie die Zeit vor dem Fernseher oder Computer. Bei der Vielzahl der Angebote müssen Eltern darauf achten, dass Aktivitäten, die als Ausgleich zum Schulstress dienen sollen, den Zeitdruck der Kinder und den Erfolgszwang nicht verstärken. Toben, klettern, balancieren, draußen spielen, sich mit Freunden treffen – auch das hat einen großen Einfluss auf die motorische, kognitive und emotionale Entwicklung der Kinder. Tagträumen oder einmal Langeweile auszuhalten und aus dieser Situation wieder produktiv zu werden, sind für viele Kinder oft ungewohnte Erfahrungen. Hobbys sind wichtig – freie Zeit auch. Das Ziel sollte eine gesunde Ausgewogenheit sein. –keb-


Zurück zum Seitenanfang